rollei   Rolleiflex SL35
(c) Frank Mechelhoff
                                                              Update 25. Oktober 2020                  

SL35
Rolleiflex SL35 (1970, Made in Germany) mit zeitgenössischen Zeiss Planar 1.8/50 (QBM-1 mit A/M-Blendenumschalter)

Das hoffnungsvollste Rollei 35mm SLR Design. Den Designern war die schöne Linie so sehr wichtig - hatte man sie vorher nach Japan, oder auf einen Zen-Kurs geschickt ? - dass sie sogar den Blitzschuh auf dem Prisma weg liessen... (es gab einen zum Aufstecken als Zubehör)

Die Camera wurde ab 1970 bis Juni 1972 in Deutschland gebaut (24.500 Stück), davon die meisten in chrome und wahrscheinlich etwa 1/4-1/3 in schwarz. Bis Dezember 1976 wurde noch einmal die 5-fache Menge in Singapore gefertigt. In den technischen Features (Manuelle Zeit- und Blendeneinstellung, Arbeitsblendenmessung/ Nachführzeiger im Sucher), den Abmessungen und dem Preis (1970: DM 675,--) entsprach sie der japanischen Konkurrenz, jedoch konnte sie damit die hochgesteckten Erwartungen an eine Camera aus dem Hause Rollei nicht ganz erfüllen: Eine Rollei die fast aussah wie eine japanische Camera und auch nicht viel mehr konnte..?? Als Antwort auf die japanische Herausforderung kam sie 5 Jahre zu spät - für die bewussten "Automatik-Verweigerern" unter den Fotografen, 10 Jahre zu früh...

Sl35 Dennoch hatte Rollei gleich mit ihrer ersten 35mm SLR eine hübsche, kompakte, robuste und gute Konstruktion ohne wesentliche Schwächen hingelegt, was man nur einen wahren Kraftakt nennen kann - insbesondere viel besser als die letzten Designs aus dem Hause Zeiss-Ikon/ Voigtländer, und auch optisch ansprechender als die von den Features überlegene, viel teurere Leicaflex SL.

Links: SL35 Germany mit superkurzem Carl Zeiss Sonnar 2.8/85 der ersten Serie - T* oder HFT Vergütung gab es noch nicht - eine tolle street shooting combo...


Objektive zur Rolleiflex SL35 (1970) und SL350 (1974)

Die Rolleiflex SL 35 - Objektive hatten Leichtmetallfassungen mit charakteristischem geriffelten Fokusring (Fassungstyp 1), Teleobjektive ab 135mm mit eingebauter (ausziehbarer) Sonnenblende.
Aufgrund der Bezeichnung "CARL ZEISS" auf den allerersten SL35 Objektiven auf den Herstellungsort direkt bei Carl Zeiss (Oberkochen) zu schliessen, ist nicht zulässig, denn bereits von 1966-1972 wurden Objektive für die ICAREX mit der Bezeichnung "Carl Zeiss" in den Optischen Werken Voigtländer, immerhin nur ein paar km von Rollei entfernt, gebaut. Ab Herbst 1971 ist der Bau der Objektive in Braunschweig jedenfalls sehr wahrscheinlich weil die Optischen Werken Voigtländer nun zu Rollei gehören. Die Produktion wird (sowohl von Rollei, als auch von Voigtländer) alsbald nach Singapore verlagert; hierbei wird die Bezeichnung "Carl Zeiss" in "Made by Rollei" (=Singapore) geändert. Voigtländer Objektivnamen wie Color-Ultron oder Color-Dynarex sind fast immer "Made in Singapore" weil die Objektivfertigung durch die endgültige Schliessung des Voigtländer Werkes 1975 sehr bald ausläuft. Dieser Typ 1 (geriffelte Fassung, ohne Blendensimulator für Offenblendmessung und mit dem charakteristischen A/M-Umschalter) wird bis Ende 1976 gefertigt (entspricht Produktionsende der Rolleiflex SL35)..

Ab November 1974 wird laut Prochnow die davon abgeleitete, Serie 2 der Fassung 1, bis April 1976 gefertigt - mit Blendensimulator und ohne A/M-Umschalter für die SL350 mit Offenblendmessung, aber mit gleicher Fassung mit den geriffelten Fokusringen. Ich besitze ein Color-Dynarex 2.8/85 aus Serie 2 (Made in Germany), das demnach in den letzten Monaten der Optischen Werke Voigtländer gefertigt wurde.
Beiden Serien des Fassungstyp 2 gemein sind die wenig präzis gehenden und hakelig rastenden Blendenringe.
Anscheinend wurden gewisse Objektivreihen wie die Sonnare 85/2.8 und 135/2.8 noch länger in Deutschland gefertigt, auch nach Umstellung der "Normalproduktion" (50 und 35mm Objektive) nach Singapore.
Ob auch die Schneider Objektive im Fassungstyp 1, die es nur mit Arbeitsblendenmessung gab (Serie 1) in Braunschweig gefasst wurden, entzieht sich meiner Kenntnis - es steht jedenfalls zu vermuten.

Etwa ab 1977 (laut Prochnow beginnend ab April 1976) werden Objektive mit gummibelegten Fokusringen ausgestattet und sehen den Contax C/Y-Objektiven nunmehr sehr ähnlich (Fassungstyp 2). Dies scheint mit dem Produktionsstart der Rolleiflex SL 35M einherzugehen die es (im Gegensatz zur VSL-1) so gut wie nie mit Objektiven des Fassungstyps 1 zu sehen gibt.
Objektive mit Gummiringen gibt es jedenfalls auffallend weniger mit "Made in Germany" Markierung zu sehen. Wenn sie auftreten, düften sie der Periode nach dem Rollei-Konkurs 1981 und der Schliessung des Singapore Werks zuzuordnen sein, also SL2000 oder -3000 Objektive sein.

Planars
Obere Reihe (v.l.n.r.):
1 - Carl Zeiss Planar 1.8/50mm Serie 1 ohne Offenblendmessung (erkennbar am A/M-Umschalter) und HFT-Vergütung, Made in Germany - ca. 1971 - recht selten
2 - Rollei HFT Planar 1.8/50mm Serie 2 Made in Singapore - ca. 1975 - häufig
3 - Voigtländer Color-Ultron 1.8/50mm Made in Singapore - ca. 1975 - häufig
Untere Reihe:
4 - Carl Zeiss HFT Planar 1.4/50mm Serie 2 mit Offenblendmessung - ca. 1975 - Made in Germany, wahrscheinlich Optische Werke Voigtländer - selten und optisch das beste dieser Reihe, zugleich geringfügig kompakter als die anderen (dieses Objektiv gibt es auch als Serie 1 ohne Offenblendmessung und HFT, ebenfalls selten)
5 - Schneider SL-Xenon 1.8/50mm  (Germany) - ca. 1972 - seltener als das Zeiss Planar 1.8/50mm und qualitativ eher ein bisschen besser. Dieses Objektiv gibt es nur mit A/M-Umschalter (Serie 1)

Nach meinem Wissensstand waren die in der oberen Reihe abgebildeten Objektive (1-3) identisch, dem ist aber offenbar nicht so. Laut Dr. Albrecht Tronnier, Sohn des Konstrukteurs, war das siebenlinsige Carl Zeiss Planar 1.8/50mm (7 Elemente/ 6 Gruppen) das letzte in Serie gegangene Objektiv (Ultron-Typ) der von Dr. A.W. Tronnier berechnet worden war. Es wurde von 1970- Ende 1972 ausschließlich "Made in Germany" (wahrscheinlich alle im Optischen Werk Voigtländer, Braunschweig) gebaut. Nach Verlagerung der Optischen Fertigung nach Singapore wurde dieses Objektiv durch einen älteren (preisgünstigeren) sechslinsigen Planar-Typ (6 Elemente/ 4 Gruppen) ersetzt.

rollei Das hervorragende kompakte Portrait-Tele 2.8/85mm. Zeiss entwickelte das vierlinsige Design (Ernostar-Typ) 1967 für die Contaflex 126.
Links das in Braunschweig gebaute Voigtländer Color-Dynarex (QBM 2 mit Offenblendmessung) mit violett schimmernder Vergütung, rechts das frühere Carl Zeiss Sonnar mit A/M-Umschalter - mehr bläulich.
Zeiss Ultron
Auch so etwas ist möglich: Anschluß von M42 Schraubgewinde- Objektiven (Rollei Adapter mit Springblendenübertragung)

Hier das seltene ZEISS ULTRON 1.8/50mm, das dem COLOR- ULTRON/ Planar 1.8/50mm von der Leistung her überlegen war. Angeblich spielten Kostengründe eine Rolle das erst 1968 von Tronnier konstruierte Ultron für die SL35 nicht zu nutzen.

An der Rolleiflex SL35 sieht es viel hübscher aus als an der Icarex/SL705 Leider lässt sich die Offenblend- messung an der SL350 mit dem Adapter nicht nutzen.

Seriennummern Objektive
Die Objektive mit Carl Zeiss Label haben, soweit von mir beobachtet, eine durchgehende Nummerierung. Mein Planar 1.4/50mm scheint mit # 5693277 ein recht frühes mit HFT Vergütung zu sein. Das 1.8/50mm Planar # 5508747 und 2.8/86 Sonnar # 5556602 sind ohne "HFT" Bezeichnung. Dazwischen muß irgendwann die Umstellung erfolgt sein.
Die Seriennummern der Schneider Kreuznach Objektive sind streng fortlaufend. Die Aufschlüsselung nach Baujahren ergibt sich aus dieser Aufstellung: http://www.schneideroptik.de/service/serie.htm



Technik der Rolleiflex SL35 (1970) und SL350 (1974) im Vergleich

Technik
oben: SL 350, unten SL35 (beide "Made in Germany")

Im Sucher der SL350 ist eine Lichtkelle sichtbar, deren Position durch eingestellte Zeit- und Blendenwerte sowie Filmempfindlickeit beeinflußt wird, die durch zwei Seilzüge auf die Lichtkelle übertragen werden. Ein dritter Seilzug läuft unter dem Prismeneinblick entlang und überträgt nur die Verschlußzeit, um sie unterhalb des Sucherbilds anzuzeigen. Der Meßzeiger des Drehspulinstruments wird selbst nicht beeinflusst und misst das real im Sucher vorhandene Licht. Zeiger und Kelle sind durch den Fotografen in Übereinstimmung zu bringen. Wo das Vorgängermodell eine große Bildzählscheibe hat (unten links) sitzt hier die zentrale Aufwickelspule und Trigger für die Lichtkelle (Einstellungszeiger). Die Spannung der Seilzüge (Perlonschnur?) ist justierbar. Hinter dem Prisma, der Kontakt zum Hot-shoe (den die SL35 nicht hat).
Fazit: 100% mechanische, aufwendig realisierte und konstruktiv im Detail überzeugende, nicht weiter ausbaufähige Lösung - teuer in der Herstellung! Im Vergleich zur Zeiss-Ikon Icarex/SL706 ist die Rollei technisch und qualitativ um viele Längen voraus

Der Vorgänger SL35 überträgt (wie bei der Pentax Spotmatic) die eingestellte Verschlusszeit elektrisch auf das (links mit durchsichtigem Deckel sichtbare) Drehspulinstrument und kommt ohne Seilzüge aus. Bei der Nachfolgerin wurde diese einfachere Form der Übertragung durch aufwendige (teurere) Mechanik ersetzt. Sowas gibt's auch manchmal...

unten
Oben die SL35, unten die SL350: Verschlußaufzug sind ähnlich aber nicht identisch. Links die Leiterplatte mit den drei Trimmpoti's zur Belichtungsmesser-Justierung (vorbildlich zugänglich nach Lösen der drei Bodendeckelschrauben)

SL350

Führung der Seilzüge von vorne (SL350) mit Umlenkung. Eine Blendenübertragung im Bajonettinneren wäre mechanisch einfacher zu realisieren gewesen, bloß hatte man daran bei Design des Rollei- (QBM) Bajonetts anscheinend nicht gedacht..!

Im Vergleich zur: Die Zeiss-Ikon SL706 von Innen

Die technische Weiterentwicklung der SL35 Baureihe

Zum Zeitpunkt als die SL350 herauskommt, glänzen die Japanischen Spitzen-SLRs bereits mit eingebauter Belichtungsautomatik. Als Zeitautomatik realisiert, ist dazu eine elektronische Verschlusssteuerung und Übertragung aller Belichtungsparameter vonnöten. Als Blendenautomatik hat u.a. Konica sie bereits ab 1968, mit Offenblendmessung mechanisch gesteuert realisert; Canon mit der 1972 erschienen EF auch elektronisch. Pentax bringt zur allgemeinen Überraschung im Spätherbst 1971 einen elektronisch gesteuerten Zeitautomaten heraus, die Elektro Spotmatic -- und behält dazu das M42 Schraubgewinde bei. Für alle diese Automaten gilt, dass für Offenblendmessung das Objektiv der Camera die eingestellte Abblendung melden muss, was sowohl Minolta (1966), Konica (1968), Petri (1969), Canon (1971) und Pentax (1971) zur Modifikation ihrer Objektivanschlüsse nötigt.

SL35A
Foto: Prochnow, Rollei-Report 3
Die Spekulation dass eine Rolleiflex SL350 mit Belichtungsautomatik Rollei's Schicksal vielleicht hätte abwenden können ist naheliegend.

Tatsächlich wurde bei Rollei an einer Camera mit mechanisch gesteuerter Blendenautomatik gerbeitet, genannt SL35A, die auf der SL350 basierte.

Die Arbeiten wurden Ende 1975
eingestellt da mittels der Blenden- stössel (Springblende) keine zuver- lässige Blendenübertragung möglich war. Tatsächlich lösten spätere Blendenautomaten die Blenden- übertragung auf das Objektiv auf andere Weise.
Das Foto zeigt ein Objektiv vom Fassungstyp 2 (Serie ab April 1976) mit zusätzlicher Stellung "A"

Die SL35A konnte also nicht fertigentwickelt werden weil man das Rollei QBM Bajonett nicht modifizieren wollte, dessen Springblendenbetätigung noch aus den Zeiten von M42 stammte. Auch Pentax musste gemerkt haben dass man M42 zwar zur Offenblendmessung "tunen" konnte (Spotmatic F), aber nicht zur Blendenübertragung. Warum hatte man
sonst mit erheblichem Mehraufwand einen elektronischen Zeitautomaten entwickelt, die ES (Electro Spotmatic, Ende 1971) ?
Nun, Pentax war damals umsatzmässig die weltweite Nr. 1 der Camerahersteller und konnte sich eine solche Entwicklungsarbeit leisten. Pentax war auch im wesentlichen auf 35mm SLR fixiert - sie hatten eine Camera, die Spotmatic. Rollei  hingegen hatte sich von der Einproduktstrategie gerade lösen müssen weil die Rolleiflex TLR sich nicht mehr verkaufte. Stattdessen wurden die Konstrukteure vom Vorstand gestriezt in allen Photosparten Produkte zu entwickeln und konnten sich nicht auf die 35mm SLRs konzentrieren wie das vielleicht notwendig gewesen wäre.
Die Rollei Konstrukteure kamen also 3 Jahre später dahinter was ihre Kollegen bei Pentax zweifellos schon wussten: Mit Blendenstössel lässt sich keine Blendenautomatik bauen. Warum man sich bei Rollei dennoch entschied nicht die SL350 sondern die - schon mechanisch alles andere als überzeugende, in der Grundkonstruktion über 10 Jahre alte - Ex-Zeiss-Ikon SL706/ Rolleiflex SL 35M mit Zeitautomatik auszustatten, ist dennoch nicht verständlich. Prochnow zitiert Mr. Mori, Präsident der japanischen Rollei-Niederlassung: "Wir Japaner haben doch viel kleinere Hände; wir würden viel lieber die Rolleiflex SL350 haben wollen, so wie sie in Deutschland verkauft wird..." -
So sahen das gewiss auch andere!




Objektive/ Lenses for Rolleiflex SL 35/ 350 /2000:      update 4. Juni 2006
Carl Zeiss
Schneider
Rolleinar


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