CONTAX und NIKON 1951...

by Frank Mechelhoff                 New Jan. 2023

Contax IIa

Im November 1949
- mehr als 4 Jahre nach dem Ende des Zweiten Welkriegs - begann ZEISS-IKON endlich wieder die Produktion seines Spitzenmodells CONTAX, nicht mehr in Dresden - das lag nun in der DDR - sondern im Werk Stuttgart, wo auch die Contessa gebaut wurde. Ab Frühjahr 1950 war sie käuflich zu haben. Obwohl der Modellbezeichnung bloß ein kleines "a" beigefügt wurde, war sie ein komplettes Neudesign der berühmten Vorkriegskonstruktion CONTAX II and III, was aber nur auf dem zweiten Blick erkennbar war.
Die CONTAX IIa wog nur noch 520 Gramm gegenüber 606 Gramm der Vorgängerin. Damit lag das Gewicht nun näher am Hauptkonkurrenten Leica (IIIf: 420g).
Das Grundprinzip des senkrecht ablaufenden Rollo-Metallschlitzverschlusses mit der schnellsten Belichtungszeit von 1/1250s und Synchronisationszeit 1/50s (Leica 1/1000s bzw. 1/25-1/30s) blieb gleich. Jedoch wurde der Verschluss umkonstruiert und vereinfacht, die Verschhlussblätter waren nun aus Alu anstatt Messing, die Camera war damit leiser, zuverlässiger, leichter zu warten und zu reparieren.
Die Messucher-Basislänge wurde von 90 auf 73mm reduiziert - was aber immer noch mehr war als bei der Hauptkonkurrenz Leica IIIf, die weiterhin keinen kombinierten Sucher und Messsucher zu bieten hatte. Unverändert blieb das kleine Sucherbild mit winziger Durchblicksöffnung - das war bei der Konkurrenz bis zur Leica M3 auch nicht anders.

Contax iia
              right top side
Das Design der Contax IIa/IIIa ist klar, übersichtlich und funktionell. Um den Auslöser herum das (nicht automatisch rückstellende) Bildzählwerk, das gegenüber der Contax II/III vereinfacht wurde. Ein großer Verschlusszeitenring : Einstellungen 1/1250, 1/500, 1/250, 1/100, 1/50, 1/25, 1/10, 1/5, 1/2, 1s, B und T - rastend, mit gleichen Abständen und nicht mitdrehend. Zur Verstellung muss der große, federgesicherte Ring angehoben werden - eine versehentliche Verstellung ist damit ausgeschlossen. Mit dem Drehring (typischerweise zwei Bewegungen) werden Film und Verschluss gespannt - das ist um 1950 herum ebenfalls noch Standard!
Contax IIa open
Die CONTAX IIa/ IIIa ist in allen Teilen ein mechanisches Meisterstück, wie ein teures Uhrwerk. Leider waren Montage und Schmierung werksseitig nicht immer auf dem gleichen hohen Standard! (siehe Link Henry W. Scherer)

(Bild Steven Czitrony)

Teurer als die CONTAX IIa war nur das Spitzenmodell IIIa - mit zusätzlichem Belichtungsmesser (Seelenzelle). Dieser ist jedoch nicht mit dem Verschlusszeitenrad gekuppelt und daher eher umständlich abzulesen. Unabhängiger war man unterwegs mit Handbelichtungsmesser - sofern man wirklich einen benötigte, etwa mit Farbfilm...

Contax IIa, Nikon S
Bild: CONTAX IIa und NIKON S, beide von 1951. Man beachte den Filmmerker der CONTAX  auf dem Rückspul-Rädchen.

Gegenüber LEICA (IIIf) war die CONTAX IIa somit zum Zeitpunkt ihrer Markteinführung (1950) die überlegene, und damit beste Messucher-Camera der Welt!

Aber die Konkurrenz schläft nie!
1950 ist auch die NIKON-S erstmals in geringen Mengen am Markt verfügbar - hauptsächlich in PX-Shops amerikanischer Soldaten, in Amerika und den Britischen Kolonien, kaum in Europa. Diese Camera, 1946 konstruiert und damit eigentlich älter als die Nachkriegs-CONTAX, war eine Mischung aus Vorkriegs-CONTAX und -LEICA, obwohl sie der CONTAX ähnlicher sah und deren Bajonett kopierte.

Die NIKON-S war nicht unerheblich schwerer (638 Gramm ohne Objektiv) und bot einen Leica-mäßigen Stoffschlitzverschluss (Synch-Zeit nur 1/20s und nur 1/500s schnellste Verschlußzeit). Im Grunde eine der zu der Zeit vielen japanischen "Leica-Kopien", nur dass sie mehr zur Contax-Kopie geriet. Wie diese, ebenfalls sauber verarbeitet, und durchaus eine ansprechende, zuverlässig funktionierende Camera, an sich durchaus bemerkenswert - nur halt nicht Weltklasse.
Die Messucherbasis der Nikon S beträgt nur 60mm. Trotzdem wird sogar ein lichtstarkes 85/1.5 mm angeboten, was mit der Nikon S kaum kritisch fokussierbar sein dürfte. (Link: EBL/ Effective Baselength Comparison)
Der Preis war 1/3 niedriger als Leica und Contax - und das war angesichts des Gebotenen fair und realistisch.

Contax IIa Nikon S
CONTAX IIa und NIKON S (beide 1951), zwei ungleiche, schöne Schwestern. Anders als die CONTAX hat die Nikon keinen Selbstauslöser

Das DESIGN der ZEISS-IKON: Funktional, gradlinig, aufgeräumt, aber auch ein wenig teutonisch-unelegant. Die CONTAX ist dabei noch eine kompakte Camera. Die großen, geriffelten Räder behielt man auch bei Contaflex, Contarex etc. bei, machte sie noch größer, machte die Cameras auch immer größer und schwerer. Die NIKON zeigt hingegen erstmals, was zum Erfolg Japanischer Hersteller beitrug. Sie ist nicht minder funktional, aber zugleich auch proportional ausgewogen, harmonisch, zierlich, elegant und ein wenig verspielt (dabei ist die NIKON die schwerere Camera!)

Nun denn: Der Fehler bei ZEISS-IKON war, dass deren Management diese Camera eben nicht zur Kenntnis nahmen. Schlimmer, sie ignorierten auch die vier Jahre später eingeführte, revolutionäre LEICA M3. Ebensowenig die im gleichen Jahr 1954 erschienene, deutlich verbesserte NIKON S2 - direkte Nachfolgerin der NIKON S, mit einigen bemerkenswerten Vorteilen gegenüber der CONTAX, und zum gleichen, günstigen Preis wie die Vorgängerin verkauft. ZEISS-IKON hatte nun ein kleines Problem. Und wer auf ein "kleines Problem" nicht zeitig reagiert, bekommt bald - in diesem Fall mehr als 10 Jahre später - ein großes...!

Contax Nikon Rückseiten
Oben Nikon, unten Contax.

Nikon Stoffverschluss Typ Leica (horizontal ablaufend), Contax Lamellen-Metallverschluss (vertikal ablaufend)
Die abnehmbare Rückwand erleichtert bei beiden das Filmeinlegen sehr wesentlich gegenüber der Leica. Abklappbare Rückwände sind zweifellos noch besser. Diese hatten bereits Canon (die bislang noch Leica Kopien baute) sowie die SLRs Exakta und Contax-D (aus Dresden). Die Filmaufwickelspule der NIKON ist fest, die der CONTAX lose.

Beide Cameras haben sehr kleine Sucherokulare - 1950 ist das noch Standard.
Nikon Contax Rückwände

Die Nikon hat eine Verstärkung in der Rückwand, die bei der Nachfolgerin S2 (die dann 100 Gramm leichter wird) ab 1954 wieder verschwindet.

Contax mit typischer ZEISS-IKON Markenprägung in der Belederung (mit "Zeiss Bumps"). Die Belederung ist bei beiden noch echtes Leder, vermutlich Schweinsleder. Leica verwendet hier schon robusteres Vulkanit - das aber auch nicht "ewig", d.h. Jahrzehnte, hält. Mit der Nikon S2 kommt das typische (Nikon, Canon, Pentax) Hartplastik, das sehr robust, langlebig und griffig ist und bis in die 1970'er Jahre Verwendung fand.
Nikon Contax Bodenplatten

Die Bodenplatten beider Cameras werden durch je zwei Knebelverschlüsse gehalten (die Nikon S2 benötigt nur noch einen, dieses Prinzip behält man dann mit der Nikon F noch über 10 Jahre bei, obwohl es insbesondere für Motoranschlüsse recht unpraktisch ist). Die CONTAX hat ein größeres Stativgewinde, das auch besser positioniert ist. Jedoch ist kein abklappbarer "Fuß" mehr vorhanden wie bei der Vorkriegs-Contax, damit die Camera mit Objektiv hübsch auf dem Tisch oder in der Vitrine stehen bleibt...

Links:

Serial Numbers of Contax Rangefinder cameras
Video: Shutter Assembly Access and Repair (Fix Old Cameras) - zeigt sehr schön die uhrwerkartige Technik der CONTAX IIa

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