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1954 bringt
der
Weltmarktführer in Sachen Kleinbildfotografie, die Firma Ernst Leitz Wetzlar die
Leica M3 auf den
Markt. Sie ist keine revolutionäre
Camera, aber ein immenser Fortschritt in Sachen Bequemlichkeit und Schnelligkeit der
Bedienung. Neben dem Bajonettanschluß bringt sie vor allem
Verbesserungen des Suchers: Das Sucherbild ist fast
lebensgroß (0,91x), die Einblicksöffnung wurde wesentlich
vergrößert - schon damals sind mindestens 50% der Fotografen
Brillenträger, die das besonders angenehm empfinden.
Außerdem ist die M3 die erste Kleinbildcamera mit einem
Filmschnellspannhebel der diese Bezeichnung wirklich
verdient, auch wenn man bislang noch mit zwei Zügen spannen
muß. Auch zurückspulen kann man den Film jetzt schneller:
dafür gibt es nun eine Kurbel. Mit diesen Verbesserungen kann man nun den Rolleiflexen Konkurrenz machen die mit ihrem eleganten Aufzugsschwung seit Kriegsende von den Presse- und Werbefotografen Europas als Werkzeug bevorzugt werden. Und außerdem hält sich die Firma Leitz damit die zunehmend lästigen (und perfekter werdenden) japanischen Kopien der Leica-III vom Hals: Man ist wieder Technologieführer! Die M3 wird zu Leicas erfolgreichster jemals produzierter Camera (230.000 Stück). Leider ist man weiter südlich in Stuttgart, bei der Firma ZEISS-IKON gegen diese Herausforderung nicht gewappnet, obwohl man dort nach eigener Ansicht die besten Cameras der Welt baut, und mit den verschiedensten Marken und Modellen des Konzerns 50% Weltmarktanteil hat. Vor dem Krieg hatte man mit der CONTAX II/ III die technisch ausgefeilteste, beste und teuerste Kleinbildcamera (mit den besten Objektiven) im Angebot. Seit 1950 baut man (nach gut 8 Jahren kriegsbedingter Unterbrechung) die Nachfolgerin, die neukonstruierte CONTAX IIa/ IIIa. Nun nicht mehr in Dresden sondern im Contessa-Werk in Stuttgart. Kosten rund 950 DM für Inlandskunden mit f/2.0-Standardobjektiv. Man verkauft sie mit dem Slogan "Die Ausgereifte" und sie unterscheidet sich (außer in der etwas verringerten Größe und dem geringfügig anderen Verschluß) kaum vom Vorkriegsmodell. Insbesondere hat sie noch den winzigen, stark verkleinernden Sucher |
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In den nächsten 1,5 Jahren (Nikon M) produziert man
bereits 3.000 Stück - immer noch weniger als bei CANON,
die schon in der Vorkriegszeit Cameras bauten. Wichtiger ist
für Nikon immer noch das Objektivgeschäft (auch für Leica
Schraubgewinde). Von der nächsten Weiterentwicklung, der Nikon S baut man in den nächsten 3 Jahren 35.000 Stück . ZEISS-IKON reagiert auf die Herausforderung Leica M3 nicht - ausser durch eine Preissenkung um 100 DM. Und es interessiert sie auch nicht dass ein unbekannter japanischer Hersteller eine nahezu kompatible "Billigversion" auf dem Markt hat - die bei Lichte betrachtet, eigentlich gar keine schlechte Camera ist... Sie konzentrieren sich aufs SLR-Geschäft. Die CONTAFLEX läuft erfolgreich an, und man beginnt an der Contarex zu entwickeln. Im Gegensatz dazu hat NIKON sehr wohl eine Antwort auf die M3 - die S2. Das ist auch nötig, denn der Ursprungsentwurf der Camera ist bereits 6 Jahre alt. "Fastest handling in 35mm film" sagt die Werbung - und nicht ganz zu Unrecht! |
Was bietet die
Nikon S2 gegenüber der Contax mehr ?
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Die Nikon S2 ist keine "Billigcamera" mehr, wie
der Preisvergleich im wichtigsten Exportmarkt der Welt
zeigt:
Der Preis (2/3 der Leica, 4/5 der Contax) ist der Qualität angemessen und passt für den Herausforderer! |
Vom Modell S2 werden von
Oktober 1954 bis Anfang 1958 knapp 57.000 Exemplare
hergestellt. Zeiss-Ikon baut in dieser Zeit noch ca. 35.000
Stück mit stark abnehmender Tendenz. Nicht nur Leitz - auch
Nippon Kogaku hatte
Zeiss-Ikon auf dem technologischen
Kerngebiet "Professionelle
Kleinbildcamera" überholt - und würde diesen
Vorsprung auch nie wieder abgeben. Nippon Kogaku waren die ersten denen es gelang eine führende Deutsche Firma zu schlagen. Canon und Pentax folgten später in ihren Fußstapfen. Zeiss-Ikon stellte sich in der Folge leider als schlechter Verlierer heraus und untersagte in den 1960'er Nippon Kogaku im Deutschen Sprachgebiet mehrmals gerichtlich, den Namen NIKON zu verwenden. Aber da war man bereits auf dem absteigenden Ast... ![]() Interessanterweise wird das Design der Nikon S2 für so gut befunden dass nicht mehr nur die Schraubleica, sondern auch diese Camera von anderen Herstellern in Japan kopiert wird. Aber den reinen "Kopisten" geht es in den nächsten paar Jahren an den Kragen, sie werden vom Markt gedrängt. Niemals ist der Fotomarkt so transparent wie in jenen Jahren, ist Qualität so offensichtlich feststellbar. Und das ist nicht die letzte Antwort von Nikon an Contax: Zwei Jahre später macht man aus der S2 die erste Kleinbildcameras der Welt die man serienmässig mit elektromotorischem Aufzug bekommt. Und man bringt ein Standardobjektiv der Lichtstärke f/1.1 heraus. |
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Die S2 im
Handling: Eine tolle Camera, schnell bedienbar, leicht (550g, mit Objektiv 692g), schmal, gedrungen (breiter als eine Leica). Bis auf einen Belichtungsmesser vermisst man nichts. Das geteilte Verschlußzeitenrad macht keine Umstände (die eingestellte Zeit bleibt immer sichtbar). Wie fein der Vorspannhebel ist (für kleine japanische Hände). Überhaupt ist die Nikon S2 zierlich verglichen mit den SLR Modellen der sechziger und siebziger Jahre. Alle Bedienelemente sind leichtgängig und liegen toll in der Hand: man versteht warum Photojournalisten sie wählten. Auch die kleinsten Details sind liebevoll und mit viel Sinn für funktionale Ästhetik gestaltet, aber dünneres Metall, weniger dickes Chrom als die klassischen Leicas und Canons jener Jahre. Alles in allem war Nikon 1954 ja erst seit sechs Jahren Camerahersteller. Das Auslösegeräusch erklingt satt, vertrauenerweckend-zuverlässig und erschütterungsfrei. Auch die langen Zeiten laufen sehr präzise. Der Blick durch den Sucher ist etwas dunkler als bei der späteren Canon P, graublau-getönt, der Messsucherfleck nicht so deutlich abgegrenzt, der 50mm Rahmen klar, aber weit aussen. Mit dem Fokussierrädchen lässt sich präzis arbeiten, aber der Fokusweg ist lang. Das Nikkor-S 1.4/5cm war das erste serienmässige Kleinbildobjektiv der Welt mit f/1.4 - ein echter Sonnar-Typ - die offene Blende ist im Nahbereich voll nutzbar, mit schöner weicher Zeichnung, wenn auch streulichtempfindlich. Die ersten Versionen waren verchromt und nicht ganz so leichtgewichtig; schwarz eloxiertes Leichtmetall gab es erst ca. 1956. ![]() Messsucher, Fokussierung und Bajonett der Nikon S2 |