NIKON S2 "Chrome dial", "Black dial" und Prototypen

(c) Frank Mechelhoff                       Neu März 2023                     This page in English Language


Nikon S - S2
Im Dezember 1953 stellte E. LEITZ die neue LEICA M3 vor. Es war eigentlich höchste Zeit für einen Nachfolger des Modells IIIf geworden. Die Japaner bauten nicht bloß Kopien davon, sondern hatten sie längst funktional verbessert, vor allem CANON : Einfaches Filmladen mit abgeklappter Rückwand, Suchervergrößerung... Seit Oskar Barnacks Tod (im Januar 1936) war die Leica kaum weiterentwickelt worden. 

Nun war ein Kraftakt nötig, und genau den gab es: Objektivbajonett, Sucher mit großer Einblicköffnung und wechselbaren Brennweiteneinspiegelungen, Schnellspannhebel (vorerst in zwei Zügen), einteiliges Zeitenrad mit Kurz- und Langzeiten - nur von der "deutschen", ungeometrischen Zeiteneinteilung mit 1/250, 1/100, 1/50, 1/25, 1/10s, 1/5s, 1/2 s hatte man noch nicht Abstand genommen. Das diese unpraktisch waren, merkte man, als man den aufsteckbaren (gekuppelten) Belichtungsmesser hinzuerfand.
Die M3 war allerdings größer und schwerer als die IIIf. Das Gewicht entsprach jetzt in etwa der CANON und lag bei (leer) 590 Gramm, die IIIf hatte bloß 410 Gramm gewogen. Auch Objektive und deren Deckel waren größer, für Manteltaschen- und Bergsteiger-Fotografen durchaus fühlbar. Um sicher zu gehen, keine Kunden zu verlieren, schob man noch eine IIIg nach - die vielleicht beste "Schraubleica" aller Zeiten, mit vergrößertem Sucher. Und die M3 hatte keine 35mm Suchereinspiegelung standardmäßig, sondern bloß 50, 90 und 135mm. Akademische Fotografen beäugten Weitwinkel-Brennweiten damals eher noch ein bißchen verächtlich. Es galt, sich auf das "Bildwichtige" zu konzentrieren und man bevorzugte daher Teleobjektive
- es gab auch kaum Weitwinkel in ordentlicher Qualität und Lichtstärke... Später (1958) kam dann die M2 dazu, mit 35mm Einspiegelung und stärker verkleinerndem Sucher (0,72 anstatt 0,91)

Für die Japanischen "Kopisten" nahm insbesondere NIKON die M3 sehr ernst. Deren neuer amerikanischer Importeur, Joe Ehrenreich, reiste wie seine Vorgänger mehrfach nach Japan und sorgte für die Realisierung der Wünsche von Profifotografen in der Serienproduktion. NIKON war damals bereits die mit Abstand teuerste Japanische Camera, die Preise betrugen etwa 3/4 von LEICA. Zur M3 empfahl Ehrenreich Nikon "Keep it different!" Versucht nicht, sie zu kopieren, haltet Eure Linie! Das erwies sich als kluger Rat. Direkte Kopien waren auch unmöglich, das M-Bajonett war patentgesichert.

Bereits vor Ehrenreichs Übernahme hatte man die "NIKON" - gemeint ist das Modell S, aber es gab auch kein anderes, seit 6 Jahren war es im wesentlichen die gleiche Camera - endlich weiterentwickelt. Wie bei der M3 gab es eine größere Suchereinblicksöffnung, die Suchervergrößerung betrug 1,0x, daher konnte man mit geöffnetem linken Auge fokussieren. Allerdings gab es nur 50mm Bildrahmen und dieser war nicht, wie bei LEICA, parallaxkorrigiert, und auch nicht so hell und deutlich sichtbar. Funktional lag man daher (weiterhin) hinter LEICA zurück, hatte dafür aber die CONTAX abgehängt.

Der Seriennummerbereich der S2 lag zwischen 6135000 und dem mittleren 619xxxx Bereich. So ist es erstaunlich, dass es einen Prototypen mit der Nummer 6136958 gibt (also etwas nach Produktionsbeginn) mit einteiligem Zeitenrad und integrierter Blitzsynchronisation. Warum man das nicht so in Produktion nahm, weiß der Himmel. An eine Belichtungsmesserkupplung war anscheinend nicht gedacht, da eine Nut oder ähnliche Einrastmöglichkeit fehlt. Aber die moderne, geometrische Zeitenteilung (die bei LEICA erst zwei Jahre später kam) war bereits vorhanden. Die S2 war außerdem die erste NIKON mit 24x36mm Bildformat (anstatt 24x32), Motoranschlussmöglichkeit und (auf Sonderbestellung) Lieferbarkeit in schwarz.

Nikon S2 Prototyp
        Single-Speed-Dial


Nikon S2 Prototyp
        Single-Speed-Dial

Erst 1957 hatte NIKON das nächste Modell fertig, das es wirklich mit der Leica M aufnehmen konnte - die NIKON SP.
Da diese auch teurer wurde, behielt man die S2 als untergeordnetes Modell im Programm.

Nikon S2 chrome
                dial - black dial

Mit der SP wurden nun auch die 50mm Objektive in hochwertigem schwarzen Finish geliefert (vorher hatte es das 85/1.5 und das 105/2.5 in schwarz/Alu-emailliert gegeben). Da die S2 in chrom nun etwas altbacken wirkte, obwohl sie erst 3 Jahre alt war, verpasste man ihr eine optische Auffrischung als S2 "Black-dial" (inoffizielle Bezeichnung, von Nikon nicht annonciert oder verwendet). Schwarz waren nun an der Camera das (weiterhin doppelte) Zeitenrad, die Bildzählwerksscheibe, die Synchronisationszeitenscheibe und der (ausschließlich in feet markierte) Entfernungsring im Camerabajonett. Die vielleicht schönste NIKON Rangefinder Camera?

Nikon S2
              Black Dial


Nikon
                        S2 Black Dial


Nikon S2 Black Dial

In der für hochwertige Cameras schnellebigen Zeit Mitte der 1950'er Jahre näherte sich der Lebenszyklus der S2 ein Jahr später dem Ende: Erzrivale CANON hatte die Modelle V und VI herausgebracht mit wahlweiser 35mm Brennweiteneinspiegelung, und dann noch die CANON P mit Brennweitenrahmen für 35, 50 und 100mm gleichzeitig und Parallaxausgleich (und war weiterhin 1/3 günstiger als NIKON).

Nikon S2 black dial with 3.5cm
                              finder

Die S2 mit nur einer 50mm Suchereinspiegelung (und einem auch nicht viel größeren Sichtfeld) erfordert bei Nutzung mit 35mm Weitwinkel einen Aufstecksucher. Ab 1956 bot NIKON einen Leuchtrahmensucher für 35mm an - qualitativ dem entsprechenden Leitz SBLOO gleichwertig, aber um einiges kompakter - heute nicht ganz leicht zu finden, weil nur ein paar Jahre wirklich Bedarf nach ihm bestand, da schon im nächsten Jahr hauptsächlich die SP verkauft wurde, die ja 35mm Rahmen eingebaut hatte.

Nikon S2 black dial with 3.5cm
                              finder

Denn NIKON war gezwungen auch bei der S2 nachzuziehen und sorgte mit einem Modellwechsel für mehr gleiche Bauteile mit der SP.
Die S3 (1959) brachte endlich die automatische Blitzsynchronisation und das ungeteilte Verschlusszeitenrad (beim Prototypen 5 Jahre zuvor schon realisiert), sowie einen größeren Sucher mit nun ebenfalls 3 Brennweitenrahmen - zeitgleich sichtbar, wenn auch ohne Parallaxausgleich - ebenfalls Plastikschutz für Brillenträger, außerdem Selbstauslöser und rückstellendes Bildzählwerk - das meiste von der SP.
Das war das Ende der S2 - die Camera in der Geschichte von NIKON, die mit rd. 57.000 produzierten Einheiten (davon rd. 15.000 "Black dial") zu wirklicher Vollbeschäftigung des früheren Rüstungsproduzenten als Camerahersteller geführt hatte, und den Weg ebnete zum Hersteller der wirklichen Proficameras SP und F...


External Link -- Mike Eckman : Nikon Rangefinder Prototypes

Weiter mit: Die NIKON S3 "Millenium" Edition

Nikon Hauptseite

Zurück zur Camera Hauptseite