VOIGTLÄNDER - Prominent
(1951-1957)
(c) Photos und Texte by Frank Mechelhoff
neu Dez. 2025
zu
meiner
Bessa Faltcamera Sammlung
zu den neuen BESSA Cameras und
Objektiven

Die PROMINENT war 1951 das neue Spitzenmodell von
Voigtländer, eine Kleinbild-Messuchercamera mit Wechselobjektiven.
Statt eines Schlitzverschlusses wie bei der Konkurrenz Leica und
Contax hatte die PROMINENT einen Zentralverschluss (Größe 00), um
den die Camera aufwendig herumkonstruiert wurde, was diese trotz
relativ kompakter Größe kompliziert und recht schwer machte (710 g
ohne Objektiv)

Die PROMINENT war mit 3 unterschiedlichen Standardobjektiven
erhältlich: Mit dem vierlinsigen Color-Skopar 1:3.5/50
kostete sie 395,- DM, das sechslinsige 1:2/50mm
Ultron bzw. siebenlinsige 1:1.5/50mm Nokton
kostete 100,- bzw. 200,- DM Aufpreis. Damit war die PROMINENT nur
halb so teuer wie eine Leica, und bot mit voller
Blitzsynchronisation des Synchro Compurs bis zur 1/500s und
Wechselobjektiven einen durchaus hohen Gegenwert fürs Geld.
Gekauft wurde sie typischerweise von ambitionierten Amateuren, die
sich auch gleich das Ultron oder Nokton leisteten (mit dem
Color-Skopar wurde sie nur 4.800 mal verkauft). Geschätzte
Gesamtzahl (in 7 Jahren): 23.000

Aber die Nachteile lagen im Detail: Statt wie üblich in der Mitte
des Strahlengangs (unmittelbar vor der Blende) lag der Verschluss
hier hinter der Hinterlinse, was zu Vignettierung bei kürzeren
Zeiten führen kann, und den Objektivkonstrukteur dazu zwingt, die
hintere Baugruppe des Objektivs klein, und (ähnlich wie bei einer
einäugigen SLR) Abstand zum Verschluss zu halten. Außerdem ist der
Objektivhub (Auszugsverlängerung) fest auf 50mm Brennweite
ausgelegt, und beträgt demgemäßig 2,8mm zwischen unendlich und 1
m. Bei 35mm müsste er an sich kürzer sein, bei 100mm beträchtlich
länger. Bei Leica, Contax, Nikon u. dergl. ist der Abstand
zwischen Filmebene und Objektivanschluss fix. Hier sorgt bei
Brennweiten verschieden von 50mm die Entfernungseinstellung am
Obektiv und ein zweiter Schneckengang durch entsprechende
Übersetzung für Simulation eines 50mm-Objektivs an der
Messucherkupplung der Camera. Bei der PROMINENT gibt es keine
Entfernungseinstellung am Wechselobjektiv; hier muss der Auszug
durch ein Hebelgetriebe übersetzt und das Wechselobjektiv am
Außenbajonett (direkt an der Camera) befestigt werden. Dies wird
bei Teleobjektiven mit zunehmender Brennweite (und Hebellänge)
schwierig. Deswegen gab es für die PROMINENT nur bis 100mm
gekuppelte Brennweiten.

DIE BEDIENUNG
Die Bedienung ist ein bisschen wie bei früheren
Spitzencameras von Voigtländer wie der Messucher BESSA Faltcamera für
Rollfilm: Auf der linken Seite wird die Entfernung
eingestellt (wobei das Einstellrad an der 6x9 Bessa größer und
leichgängiger ist). Zeit und Blende wie gehabt am Verschluss. Wenn
man von der VITO kommt und keine Leica oder Contax gewohnt ist,
macht das gar keine Schwierigkeiten. Der Sucher ist ein dunkles,
kleines Loch mit kaum sichtbarem Messfenster - so wie es 1951
Standard ist (es gibt noch keine Leica M3). Wer es bequemer und
genauer haben will (und zwei etwa gleich gute Augen hat) der
steckt einen Kontursucher auf den (ab 1952/53 fest
eingebauten) Zubehörschuh.
Der Fortschritt gegenüber 1939 besteht darin, dass mit dem Rädchen
auf der rechten Seite gleichzeitig der Film befördert und
den Verschluss spannt. Doppelbelichtungen oder leere Bilder werden
so vermieden. Alles geht recht streng, wenn auch spielfrei und
präzise. Nur das Objektivbajonett aus Blech passt nicht so recht
zum mechanischen Anspruch einer Proficamera. Aber die meisten
Prominent-Benutzer werden nie Objektive wechseln.
MODELLPFLEGE
Die PROMINENT wird in ihrer Produktionszeit
modellgepflegt: erst kommt ein neuerer Zentralverschluss mit
1/500s kürzester Belichtungszeit (zunächst 1/400s), der von der
Fa. Deckel zugekaufte SYNCHRO-COMPUR, das Spitzenmodell. Dann
folgt ein fester Zubehörschuh statt des abnehmbaren, der die
Camera-Oberseite zerkratzt. Später wird ein Schnellspannhebel
nachgerüstet, der wie bei der ersten Leica M3 in zwei Zügen
gespannt wird. 1958 wird der Sucher verspiegelt. Zuletzt (1959)
wird ein neuer Sucher mit größerem Durchblick und eingespiegelten
Brennweitenrahmen eingebaut, der s.g. Brillantsucher, der
komfortabel ist, die Camera aber noch höher macht und deren Linien
unvorteilhaft verändert. Aber auch diese Änderung der jetzt
PROMINENT II genannten Camera kann die schwachen Verkaufszahlen
nicht mehr wesentlich erhöhen. Ein Jahr später wird die Baureihe
eingestellt und durch die BESSAMATIC (SLR) ersetzt.

ZUBEHÖR
Außer den drei Standardobjektiven gibt es ein
lichtschwaches Weitwinkel, das erst zwei Jahre nach Einführung der
Camera herauskommt, und, nach 4 Jahren, drei ebenso lichtschwache
Teleobjektive, darunter zwei mit 100 mm Brennweite (eins davon mit
Spiegelkasten und doppeltem Hinterglied) und ein
(nichtgekuppeltes) 150mm. Für diese bekam man (ziemlich
voluminöse) Zusatzsucher. Weiteres Zubehör waren Repro-Stände und
eine Blitztasche.
Die Verkaufszahlen für all dies waren gering, und eine Erweiterung
des Programms war angesichts des zu erwartenden hohen
konstruktiven Aufwands und der geringen Stückzahlen nicht zu
rechtfertigen.
WIRTSCHAFTLICHE BEURTEILUNG
Insgesamt gesehen war die PROMINENT-Serie trotz der
guten Standardobjektive verkaufsmäßig ein Mißerfolg, was an den
konstruktiven Umständlichkeiten lag, die durch den beweglichen
Zentralverschluss verursacht wurden. Da dieser ja auch noch
zugekauft werden musste, hatte die PROMINENT jedenfalls einen
hohen Anteil an den roten Zahlen, in denen VOIGTLÄNDER seit 1956
steckte. An der gut verkauften, hübschen VITESSA hat es
jedenfalls nicht gelegen. Und auch mit einer SLR mit nun festem
Zentralverschluss (ab 1958: BESSAMATIC, ULTRAMATIC)
wurde es kaufmännisch leider nicht besser. Auch diese waren
überkonstruiert, groß und schwer, und das Manko des geringen
freien Durchmessers (bildseitige Objektivöffnung) bestand
weiterhin. Soviele Fotografen blitzten doch gar nicht mit ihrer
PROMINENT oder BESSAMATIC, dass sie den vollsynchronisierten
Verschluss wirklich brauchten.
Die Lösung war offenkundig der
(LEICA-mäßige) Schlitzverschluss, mit dem die erfolgreichen
Japanischen SLRs (PENTAX, NIKON, MINOLTA...) ausgestattet waren.
VOIGTLÄNDER konnte oder wollte diesen nicht kopieren und scheute
Patentstreitigkeiten mit der Firma Leitz.

Voigtländer ULTRON 1:2/50 von der PROMINENT (Germany) an
einer BESSA-R in navy-blue (Japan)
Das beste an der PROMINENT waren die Objektive. "VOIGTLÄNDER,
weil das Objektiv so gut ist" - dieser Werbespruch hatte
einen wirklich wahren Kern. Leider baute VOIGTLÄNDER die Objektive
der Prominent nur in ganz geringen Stückzahlen in Anschlüssen für
fremde Cameras -- weil man eben Camerahersteller war und
in erster Linie diese verkaufen wollte und nicht Objektive.
Heutzutage gibt es aber passende Adapter - hier für Leica M39 und
die BESSA-R Special-Edition (Made in Japan) von 2002.

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