Die kleinen NIKONs

(c) Frank Mechelhoff                                        Neu Juni 2022                  English version English

Die kleinen Nikons...
          im Schatten der Großen

1979 stellte Nikon die EM vor, ihre erste wirklich kompakte SLR - offenbar als Reaktion auf den Erzrivalen Pentax, deren Erfolgsmodell ME bereits 3 Jahre früher erschienen, und sehr erfolgreich war.

..Man kann sagen, Nikon hatte den Trend zur Miniaturisierung (initiiert 1972 durch die Olympus OM-1) etwas verschlafen. Aber zum Glück kamen sie mit der EM noch rechtzeitig auf die Beine, denn ein paar Jahre später waren kompakte, elektronisch gesteuerte Spiegelreflexcameras einfach ein "must have". 1977 hatten sie mit der FM/ FE erstmals zwei Mittelklasse-SLRs in "Standardgröße" herausgebracht, nun fehlte noch ein kompakteres Produkt zur Abrundung des Portfolio nach unten.

Nikon EM Sucherbild
Autofocus gab es 1979 noch nicht mal im Experimentierstadium, stattdessen wurden SLRs manuell fokussiert. Im Sucher der Nikon EM  gibt es Prismenring und Schnittbildindikator, wie seinerzeit üblich, dazu eine Zeitenskala mit Zeigerinstrument zur Kontrolle der durch die Belichtungsautomatik (CdS-Zelle) gewählten Verschlusszeit, Über- und Unterbelichtungsanzeige. Ein durchaus ordentliches Sucherbild für die Preisklasse. Die Pentax ME hatte hier allerdings längst LED's, es gab sie sogar mehrfarbig. Der Meßbereich des Belichtungsmesser ging von 2-18 EV, auch dies war Standard.
Nikon EM
              Prospekt

Von den technischen Eigenschaften her hatte NIKON hier die Pentax ME mehr oder weniger gut kopiert. Größe und Gewicht (460g) waren identisch. Wie bei der Pentax ME konnten keine Zeiten manuell eingestellt werden. Es gab kein Verschlusszeitenrad - die ME hatte auch keins - stattdessen einen Schalter mit "AUTO", B, und 1/90s als einzige manuelle Verschlusszeit, die immerhin auch ohne Batterie funktionierte (und bei eingestellter Automatik ohne Batterien feuerte der Auslöser mit 1/1000s, was aber nur im Reparaturhandbuch dokumentiert war).


Nikon EM

Wie bei der semiprofessionellen Nikkormat EL prangte die Typenbezeichnung mitten auf dem Prisma. Es gab sie nur in schickem Schwarz, der jahrzehntelangen "Profi"-Farbe von Nikon. An der äußeren Gestaltung hatte der italienische Star-Designer Giorgo Giugiaro mitgewirkt - so wurde wenigstens in der Werbung erzählt. In der fotografischen Praxis fielen im Vergleich zur Konkurrenz Pentax ME doch ein paar Dinge negativ auf:
Nikon EM und Pentax ME Womit wir beim Thema Vermarktung wären! Nikon pries die EM, der einfachen Bedienung wegen, als reine Anfänger- und Frauencamera an! Richtige Fotografen hatten als Ausweis ihrer Männlichkeit bei Nikon so richtige Kilobrocken mit sich herumzuschleppen, wie die F2 oder Nikkormat EL2. Dabei war die neue kleine EM zweifellos für jeden Fotografen interessant, der eine Camera mit F-Bajonett, kompakt und leichtgewichtig, und auf das wesentlichste konzentriert haben wollte. Tatsächlich mögen viele Ehemänner die EM als Weihnachtsgeschenk für ihre Herzdame gekauft haben. Aber ein größerer Teil (männlicher) Käufer war womöglich abgeschreckt und wollte nicht mit einer Frauencamera herumlaufen oder eine solche kaufen!

Man(n) bildete sich auch ein (und manche tun das heute noch) dass man ohne manuelle Verschlusszeitenneinstellung unmöglich vernünftige Bilder machen kann. Auch ich, damals! Das alte Maschinisten-Ding mit den vielen Hebeln und Einstellrädern... ich liess die Nikon EM damals jedenfalls links lieben und kaufte von meinem ersten selbstverdienten Geld lieber... eine PENTAX ME Super. Denn eins fest stand, bei Pentax war Kompaktheit seit alters her Firmenphilosophie und nicht Marketingmasche.

Nikon EM Chassis
Außerdem wurde, zumindest damals, für ungeheuer wichtig gehalten, dass die Pentax Metallgehäuse hatte. Die Nikon EM hatte Gehäuseschalen aus Hartplastik. Es war kaum zu sehen noch zu fühlen. Durfte sich so eine "Billigcamera" überhaupt Nikon nennen? Die Puristen waren empört, so etwas hatte es früher nicht gegeben. -- Heute weiß man, die EM ist eine solide, langlebige Camera, wenn man nicht mit roher (männlicher?) Gewalt Dinge wie Rückspulkurbel oder Vorspannhebel abbricht, und sie sieht sogar nach 40 Jahren noch gut aus, wenn sie nicht allzu arg herumgeworden wurde, denn natürlich altert Plastik weniger würdevoll als Metallblech.
Das Chassis besteht übrigens - damals neu, heute Standard - nicht aus Plastik, sondern einer hochfesten, dabei leichten Kupfer-Silumin-Aluminium-Legierung - genau wie 1 Jahr später bei der F3.
Nikon EM neben Pentax ME
Immerhin gab es für die EM auch einen Motorantrieb (Power Winder genannt, 2 B/s); den bekamen nur die mechanisch etwas stabileren Cameras spendiert. Die anderen hätten die Kunden flugs ins Geschäft zurückgetragen und ihr Geld zurück verlangt.

Die EM kostete neu DM 435,- (Listenpreis 1979, ohne Objektiv) während eine FM in chrom für DM 525,-, und eine FE für DM 785,- zu haben war. Billig war sie nur im Ausverkauf (1982), da fiel der Preis auf 285,-

Insgesamt sollen 1.5 Mio. Nikon EM verkauft worden sein! Und das, obwohl im direkten Vergleich sie kaum einen Stich machen kann gegen ihre immerhin 3 Jahre ältere Hauptkonkurrentin. Lediglich ihr Hauptschalter ist etwas weniger hakelig und praxisgerechter geformt.

Nimmt man noch die "Series E" Objektive in den Vergleich mit auf, fällt die EM noch stärker gegen die Pentax ME mit den seidig weich laufenden SMC M-Objektiven zurück.

Fazit : Sie wurde gut verkauft, weil es eine NIKON war - und unzweifelhaft eine gut aussehende Camera..!

Nikon EM - F3

Übrigens : Gleichzeitig mit der Einsteiger-EM wurde die Proficamera F3 entwickelt, die die F2 von 1972 ablöste, und von 1980-2002 in Produktion blieb. Sie war die erste F mit Belichtungsautomatik (Zeitautomatik), was die EL schon 1972 hatte. Hier eine Nikon F3P (ohne Motor) zum Größenvergleich mit der EM. Auch die F3 war nicht ohne Tadel. Die Verschlußzeiten- und Blendenanzeigen im Sucher (LCD-Kristalle, damals neu) waren höchstens mittelmäßig gut sichtbar, und Profis griffen daher meist zum HP-Sucher (high eyepoint). Außerdem war sie anders als die Pentax LX nicht spritzwassergeschützt. Daher erhielt die F3P einen Gummideckel auf dem Auslöser, womit man aber den Drahtauslöseranschluss einbüsste.

Objektive. Die E-Serie

Pentax stellte damals sein ganzes Objektivprogramm auf "kompakt" um, die Objektive hiessen jetzt alle "Pentax M" bzw. "SMC-M". Eine aufwendige Operation. NIKON brachte die "E-Series" heraus, eine handvoll besonders kompakte - die anderen Objektive passten ja auch, sofern es keine alten Non-AI waren. Das war insofern sinnvoll, als dass wenig EMs jemals andere Objektive als das "Standardobjektiv" aufgesetzt bekamen. Ökonomisch ging man noch einen Schritt weiter und stellte als erster "Premium" Markenhersteller Objektive mit Plastikgehäuse her. Das erste Objektiv der Serie sah dann auch ein bisschen arg plastik-mäßig aus, und wird von mir hier nicht gezeigt - nur verlinkt (im oberen Bild rechts). Die späteren waren vom feeling her kaum zu unterscheiden. Nikon hatte damals ein sehr gutes 50/1.8 neu entwickelt und vorgestellt, als Ersatz für das ewig alte Nikkor 50/2 und optisch viel besser als das (gleichfalls alte) 50/1.4 und das CANON FD 50/1.8. Dies kam in die neue, kompakte Fassung, und viele kauften es auch für ihre FM oder FE, weil es einfach 100 DM billiger war (und nicht schlechter). Man wollte die Baureihe aber nicht "Nikkor" nennen um den vermeintlichen Profi-Namen nicht zu beschmutzen - alles Quatsch!

Nikon EM, FG
Nikon EM und FG mit den "Series E" 50/1.8. EM mit Version-2 : Kürzeste Fokusdistanz 0,6m - das ist ein wenig sehr knapp! Die FG hat das japanische Inlandsmarktobjektiv (Version-3 mit "NIKKOR" Bezeichnung) mit 0,45m und Metallgehäuse. Sehen sie einen Unterschied? Ich versichere Ihnen: man fühlt auch keinen. Trotzdem ist 0,45m natürlich viel besser, nicht bloß um Kirschblüten abzulichten.

Nikon FG

NIKON FG (1982)

Drei Jahre nach Vorstellung der kontroversen EM wurde diese dann durch die FG abgelöst: Vom Gehäuse her gleich klein wie die EM, hatte sie nun ein ordentliches Verschlusszeitenrad bekommen, und eine Belichtungskorrektur am ASA/DIN-Rad (wo es bei Pentax schon lange war). Den Knopf zur Gegenlichtkorrektur der EM behielt man trotzdem bei. Und die Belichtungsmesszellen hatte man auf Si-Zellen hochgerüstet anstelle der alten CdS-Zellen. Sehr gut..!
Als neusten Schrei gab es sogar Programmautomatik (Einstellung P) und Echtzeit-TTL-Belichtungsmessung auf der Filmebene, wie sie die Minolta X-700 bereits ein Jahr früher hatte - im gehobenen Amateur-Preissegment. Im Program-Mode korrigierte die FG damit sogar Ungenauigkeiten der Blendensteuerung -- der gar nicht für Programmautomatik ausgelegten Objektive! An Nikon-AI Objektiven gibt es bekanntlich keine "P" Einstellung. Das war eigentlich eine kleine Revolution, aber Nikon traute sich damit nicht Werbung zu machen, weil sie vermutlich nicht sicher waren, ob es in allen Fällen gut funktionierte. Fest steht, dass es Nikon wenig Aufwand kostete, ihre Objektive "P-tauglich" zu machen - wie auch Minolta - während Hauptkonkurrent Pentax, ich muss es leider so deutlich sagen, mit ihrem gerade ein paar Jahre alten K-Bajonett ewig rum machte und es ohne zusätzlich eingefügte elektrische Kontakte
- KA  genannt, die entsprechenden Cameras waren die A-Serie, die die M-Serie ablösten - nicht hin bekam.
Da bot die FG erstaunlich viel fürs Geld!
Die FG gab es nun wieder in chrom oder schwarz, und sie kam mit einer kleinen, praktischen Griffleiste für die rechte Hand, die abschraubbar war - wie bei der Pentax LX, nicht aber der Nikon F3...
Wie bei Pentax schon länger üblich, zeigte nun eine, wenn auch nur einfarbige, LED-Reihe die Verschlusszeit an. Bei Dunkelheit im Sucher die bessere Lösung und nicht so stoßempfindlich wie ein Zeigerinstrument.

Nikon FG Sucherbild
(Bild vom Nikon FG-Review auf Casualphotophile.com)

Ein großes Verschlußzeitenrad um den Auslöser herum, das über die Gehäusekanten der Camera hinausragt, hatte es erstmals bei der Leica M5 (1971) gegeben, dann bei der Canon EF. Seit 1976 waren sie auch in der Mittelklasse (CANON AE-1) angekommen. Ich halte aus Sicht der Haptik eigentlich viel davon. Trotzdem haben sie sich nicht durchsetzen können.

Im Ganzen war die FG eine viel bessere, bedienungsfreundlichere Camera als die EM - besser auch als die damals immerhin schon 3 Jahre alte Pentax ME Super - und es ist kaum verständlich, dass sie sie sich schlechter verkaufte und schon nach 2 Jahren aus der Produktion genommen wurde. Ich erinnere mich aber auch nicht, dass sie überhaupt beworben wurde, oder stärker bekannt gewesen wäre. Vielleicht gab es irgendwelche unbekannten Probleme, oder es wurde befürchtet dass sie die FE2-Verkäufe kannibalisierte, die es am Markt ohnehin schwer hatte.

Nikon EM und FG
Oben "Serie E" an der EM, unten "Nikkor" 50/1.8 - die geringere Reflextion lässt auf eine hochwertigere Vergütung schließen - für den japanischen Markt mit 0,45m, an der FG.  

Preislich ist die FG in schwarz (1986) mit DM 418,- angeboten worden; das war aber schon der um ca. 1/3 reduzierte Ausverkaufspreis. Die viel stärker beworbene, technisch vergleichbare Minolta X-700 war 1984 - schon nicht mehr neu - für DM 549,- zu haben. Vermutlich wird die FG als neues Modell etwa 550-600 DM gekostet haben, also preislich unter der Minolta, war also eigentlich ein Schnäppchen. Denn die Minolta bot eigentlich nur einen besseren Auslöser, und war um Nuancen besser verarbeitet (aber auch mit viel Plastik), aber eben keine Nikon...

Nikon FG-20 (1984)

Nikon FG20

Als Nachfolgerin der FG kam 1984 die, vom Äußeren her leider eher verunstaltete, FG-20 heraus: Noch mehr Plastik, die TTL-Echtzeitbelichtungsmessung wurde gestrichen, elektronischer Selbstauslöser (billiger als mechanischer), der abschraubbare Griff kam auch weg, Sucher wieder mit Zeigerinstrument wie bei der EM. Aber auch Erzrivale Pentax brachte mit der Program-A zu der Zeit nichts rechtes auf die Beine, da konnte Nikon gut einen Gang zurückschalten...

Nikon FE2, FG
Nikon FG neben FE2 (1983-1988). Ehrlich, mir ist die knuffige FG mit dem großen Verschlusszeitenrad im praktischen Gebrauch fast lieber, auch wenn das manche für ketzerisch halten mögen. Die FM- und FE- waren auch keine "großen, schweren" Cameras mehr, und auch nicht so solide wie die NIKON Modelle der frühen 70'er, die späteren, leichteren Modelle fühlen sich für mein haptisches Empfinden eher "hohl" an. Aber der Ruf der Unzerstörbarkeit hallt ihnen immer noch nach...

Persönliche Schlussbemerkung:  Ich war nie ein NIKON-Guy (anders als mein Papa), und verkaufte meine Pentax ME Super nach 3 Jahren um eine neue Minolta X-700 anzuschaffen. Obwohl ich eigentlich Programm- und TTL Blitzautomatik gar nicht brauchte, sondern einfach eine robuste, kompakte SLR mit Zeitautomatik und Verschlusszeitenrad suchte. Ich wäre vermutlich mit der Nikon FG ebenso zufrieden geworden, denn dass NIKON bessere Objektive baut, war mir selbstverständlich bekannt gewesen. Aber damals habe ich sie einfach nicht wahrgenommen...

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