MIRANDA
SLRs
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Kontakt: Frank.Mechelhoff "at" gmx.deupdate 6. April 2007
Ihnen sagt Miranda bloß als Frauenname aus Sex& the City
etwas, aber nicht in Zusammenhang mit Fotoapparaten?
Kann schon passieren, denn diese Firma gibt es seit fast 30 Jahren
nicht mehr, baute aber in den späten 1950'er
Jahren mit die ersten, und besten
japanischen SLR Cameras. Insbesondere in den 1960'er Jahren war man im
amerikanischen Markt sehr erfolgreich und konkurrierte auf gleicher
Augenhöhe
mit PENTAX, NIKON, MINOLTA, ZUNOW und TOPCON... und
nicht
zu vergessen, die Deutschen SLR-Hersteller
IHAGEE, PENTACON, PRAKTICA, VOIGTLÄNDER
und ZEISS-IKON.
Die MIRANDA Sensomat RE wurde um 1972 herum gebaut und
war eine der letzten Mirandas - und meiner persönlichen Meinung
nach, zusammen mit der schwarzen Miranda-G
von 1965 die schönste Miranda... und zusammen mit der Original Asahi-Pentax von 1957,
der Deutschen Rolleiflex
SL-350
und vielleicht noch der Pentax MX eine
der schönsten jemals gebauten SLRs.... jedenfalls ein excellentes
Beispiel harmonischen, zeitlosen Designs - alles ist "rund"... Eine
vollmechanische SLR ohne Belichtungsautomatik, mit Verschluß von
1-1/1000s und
B und eingebauter TTL-Belichtungsmessung. Leider nur
Arbeitsblendenmessung
- das ist zu jenen Tagen schon ein wenig angestaubt. Das 1.4/50mm
Objektiv war damals jedoch ganz neu - von der kritischen (wenn auch
nicht immer kompetenten) Deutschen "Stiftung
Warentest" seinerzeit mit "Sehr Gut" getestet - als einziger Achtlinser
unter den
lichtstarken
Standardobjektiven aller namhafter Hersteller jener Tage natürlich
ein bißchen länger und schwerer (296g) als z.B. ein Super-Takumar
1.4/50...
Auto-Miranda 1,4/50
- ebenfalls Gauss, aber ein Achtlinser!
Die Camera ist überaus solide konstruiert und hochfein verarbeitet.
Kein Stückchen Plastik stört das Bild! Obwohl die Objektive vom Finish
in dieser Klasse nicht ganz mithalten können - aber
immerhin
noch besser sind als das was man heute gewohnt ist von namhaften
Marken!
Übrigens baute
Miranda Objektive nicht selbst, sondern setzte auf Zulieferer: Zunächst
Zunow, Ofunar,
Arco, später auch Tamron und Kowa, hauptsächlich aber Allimatsu Corporation (Tokyo), die
ebenso
wie Miranda (ab den späten 60'ern) zum amerikanischen AIC Allied Impex-Konzern
gehörte, und parallel dazu Objektive der AIC-Hausmarke Soligor(heute eine
Deutsche GmbH) fertigte. Doch dazu mehr später, jetzt zurück zur
Camera: Es gibt einige Cameras mit zwei
Objektivanschlüssen - aber
diese
ist die einzige die ich kenne die gleich drei davon besitzt:
ein
Innen-, ein Außenbajonett (darüber werden meine Objektive
angeschlossen)
und noch dazu ein 44mm Schraubgewinde!
Als weitere Besonderheit, heute würde man sagen unique selling point,
besitzt die MIRANDA - ausser dem Auslöser auf der Vorderseite (wie bei
einer PRAKTICA) - einen auswechselbaren Prismensucher ! Dessen Form und
Belederung huldigt der EXAKTA
VAREX (1952) - der ersten Kleinbild-SLR mit wechselbaren
Suchern. Neben dem Prisma waren vier weitere
Sucher lieferbar. Anders als bei den Profi-Cameras Nikon F2 und
Canon F-1 dieser Zeit, bleibt die TTL-Messung erhalten beim
Sucherwechsel, da die Meßzellen (3 CdS-Zellen) unter dem
teildurchlässigen Spiegel liegen, was einen genau
definierten Meßbereich ermöglicht. Ein hochmodernes Konzept! Auf dem
Bild sieht man links das Zeigerinstrument.
Die Mattscheibe besteht aus hellen Fresnell-Ringen - heller als eine
gewöhliche Mattscheibe - und ist eine hervorragende Einstellhilfe.
Dieser aufwandig gemachte und gut abgedichtete Wechselsucher ist dafür
verantwortlich dass die Camera (ohne Objektiv) 676g wiegt - was aber
angenehm in der Hand liegt und ein solides Gefühl vermittelt, ohne dass
man glaubt ein Schwergewicht in der Hand zu haben wie bei manchen
deutschen SLRs dieser Zeit.
Außerdem besitze ich noch ein 25mm Weitwinkel zu dieser
Camera, nicht übermässig groß, 264g, von dem es wohl
nicht allzuviele Exemplare gibt. Umfangreiche Tests stehen noch aus
- aber ich erwarte keine schlechten Leistungen...
Trotz dieser Features ist diese Camera kompakter als ihr
Hauptkonkurrent zur Zeit der frühen Siebziger - die PENTAX Spotmatic,
die ihr zu jener Zeit allerdings die Offenblendmessung voraus hat, und
mit 630g ebenfalls kein Leichtgewicht ist. In der Verabeitung schlägt
sie die in Hunderttausenden von Stück gebaute Spotmatic um Längen!
Zudem findet man heutzutage fast keine Spotmatic mehr die pfleglich
behandelt aussieht - ehemaliges Profi- und Studentenwerkzeug - während
das bei den MIRANDA die Regel war - ein kommender Klassiker!
Das Objektivprogramm
um 1972 herum (alle Auto-Miranda
geheissen im Unterschied zum Auto-Miranda
M; diese hatten eine Blendeneinstellung "EE" für
Blendenautomatik) reicht
vom 25mm bis zum 200mm.
Die Auszüge sind aus der Original-Bedienungsanleitung, einem ausführlichen Machwerk mit 56 Seiten, dessen Titelbatt unzweifelhaft noch einige mehr
Objektive zeugt, die aber weiter hinten im Text nicht vorgestellt
werden.
Ein Diagramm des 25mm Weitwinkel
findet sich hier übrigens nicht; dafür aber auf dieser Website. Die Ähnlichkeit
mit dem Zeiss Distagon 2.8/25mm
ist derart auffällig, dass man die Abbildung in wichtigen Broschüren
vielleicht nicht ganz zufällig wegliess...
Desweiteren werden weitere Objektive dieser Serie abgebildet die es
vermutlich in gleicher Bauweise auch als Soligor gab: 17mm
f/4 und 21mm f/3.8, 180mm f/2.8, 300mm
f/5.6, 250mm f/4.5, 55mm
f/3.5 Macro und 90-230mm
f/4.5 (das erste Zoom von Miranda gab es schon 1962!)
Das Ende
Die technische Entwicklung der SLR die MIRANDA in den 50'ern und 60'er
Jahren mit vorangetrieben hatte, überrollte jetzt die kleine Firma.
Camerafirmen
mussten umstellen. Das letzte großartige
Neudesign von Miranda war 1971 das Spitzenmodell Autosensorex-EE (mit
TTL-Spotmessung und mechanisch
gesteuerter Blendenautomatik). Die mit mechanischen Cameras mögliche
technologische Spitze war erreicht. Bezogen auf die Eigenschaften kompakte Größe,
Zuverlässigkeit und Herstellungskostenwaren diese
Cameras für alle Hersteller
grenzwertig - für die Benutzer auch hinsichtlich Komplexität und Bedienbarkeit!
Deutschland war auf diesem höchst-erreichten mechanischen Niveau (mit der vielleicht rühmlichen Ausnahme Voigtländer Ultramatic) schon gar nicht mehr
im Rennen.
Weiterer Fortschritt
in jeder Hinsicht war nur durch Einbau von
Elektronik
möglich. Pentax, Nikon, Canon, Minolta
und Yashica arbeiteten mit Nachdruck daran. Rein mechanische
Cameras liessen sich nur noch mit gewaltigen Preisabschlägen verkaufen,
wurden zu teuren Sauriern. Japan war kein Billiglohnland mehr. Dieses
Rennen wurde nicht aus Freude an komplizierter Technik geführt sondern
im Gegenteil, um komplexe Technik zu vereinfachen. Und es war bitter
klar: wer nicht mitkam, war des Todes. Die
kritischen Jahre dafür waren 1971-1973.
Die amerikanische Allied Impex
Corp.,
schon lange Miteigentümer, hatte Miranda nun zu 100% übernommen. Der
Gründer-Präsident
musste 1969 seinen Hut nehmen. Selten ist so etwas gut für eine
innovative Company... AIC -
übrigens fast eine deutsche Company; ihre Eigentümer
waren vor dem Nazi-Regime geflohene Deutsche Juden -- investierte in
billige Point &
Shoot
Cameras (Pockets), doch ohne Erfolg. Die Stimmung bei AIC USA und
wahrscheinlich auch in Japan war miserabel, obwohl man wie besessen
arbeitete um den Untergang aufzuhalten. Vielleicht
fehlte es an Know-How, vielleicht auch nur an Kapital zur
Umstellung. Trotzdem entwickelte man weiterhin die komplete Camera
selbst während Canon, Nikon, Yashica und Konica
elektronisch gesteuerte Verschlüsse von Copal (Copal
SE) zukauften.
Das Elektronik-Modell dx-3 - kompakt wie die gleichzeitig
herausgekommene CANON AE-1 -
kam im April 1975 unausgereift (aber trotzdem zu spät) auf den Markt.
Man hatte eine
Elektronik-Generation - die klobigen mechano-elektrischen Automaten a
la Canon EF, Nikkormat EL, Pentax ES - übersprungen. Im Falle von
Miranda ging das schief. Schon vorher hatte es Qualitätsprobleme
gegeben - nun brachen die Garantie-Rückläufe, die einen Großteil der
ausgelieferten dx-3 Modelle betrafen (angeblich wurden fast 55.000
Stück gebaut), der Firma finanziell das
Genick.
CANON dagegen hatte Glück - Ihr Modell AE-1 erwies sich als unbedingt
zuverlässig und rettete die ebenfalls schwer angeschlagene Firma.
Miranda expandierte in Verzweiflung in mehrere Richtungen, verzettelte
sich, baute die Sensorex gar in
M42-mount
- als sein jahrzehntelanger Mentor und Motor PENTAX dieses schon
aufgegeben hatte... Managementfehler... am
10.
Dezember 1976 erklärte MIRANDA Camera Co. Ltd. in Tokyo den Bankrott.
Angeblich 800 Mio USD Schulden ! Es wurde auch zum Ende von AIC. Als
einzige
blieb aus dem AIC-Konzern der Objektivhersteller SOLIGOR übrig, der
verkauft werden konnte. Die MIRANDA Restbestände an Cameras und Zubehör
wurden unter dem SOLIGOR-Namen ausverkauft...
Nicht nur Zeiss-Ikon und Voigtländer sind zugrunde gegangen - auch
japanische Firmen mussten dem technologischen Fortschritt und den
Verrücktheiten des Marktes ihren Blutzoll entrichten...